Geschichtsexkursion nach Flandern

Auf den Spuren der Geschichte – eine Geschichtsexkursion nach Flandern

Anlässlich des 100. Jahrestages des Endes des 1. Weltkriegs am 11. November 1918 organisierte die Fachschaft Geschichte des Hölderlin-Gymnasiums eine Exkursion zu einem Hauptschauplatz des Geschehens: Am 13. November machten sich 61 interessierte Schülerinnen und Schüler der Q1 und Q2, begleitet von Frau Hermann, Herrn Steffan, Herrn Stephan und einem Praktikanten per Reisebus auf nach Ypern in Belgien. Diese Kleinstadt in Flandern war vier Jahre lang heiß umkämpft und stand im Mittelpunkt mehrerer blutiger Schlachten.

Zudem gab es auch einen persönlichen Bezug: Der Großvater von Herrn Stephan, geboren 1898, wurden nach einer fünfmonatigen Grundausbildung im Mai 1917 an die deutschen Front bei Ypern versetzt und dort am 7. Juni 1917 am ersten Tag der 3. Ypernschlacht (07.06.-10.11.1917) bei Messines wenige Kilometer südlich von Ypern durch einen Lungensteckschuss schwer verwundet.

Nach einigen Stunden Fahrzeit checkte die Gruppe um die Mittagszeit zunächst in das Hostel The Poppies im Zentrum von Ypern ein und begab sich kurze Zeit später in das in der Nähe gelegene In Flanders Fields Museum in der ehemaligen Tuchhalle der historischen Stadt. In dem preisgekrönten Museum wird auf mehreren Etagen auf vielfältige Art und Weise das Kriegsgeschehen der Jahre 1914-18 präsentiert und erläutert; ein Glockenturm bietet zudem einen wunderbaren Ausblick auf die Stadt und die Umgebung.

Im Anschluss an den Museumsbesuch hatten die Teilnehmer einige Stunden Zeit, in Kleingruppen die Stadt zu erkunden und zu Abend zu essen. Um 20 Uhr stand dann der nächste offizielle Programmpunkt an – das Totengedenken am Menin Gate. Dieses ist ein zu einem Gedenkbogen ausgebautes ehemaliges Stadttor an der Straße nach Menen, die während des Krieges jahrelang unter deutschem Artilleriebeschuss lag und deshalb bei den alliierten Soldaten den Namen Hellfire Corner trug. In das Tor sind die Namen von fast 55.000 vermissten britischen Soldaten eingraviert, von denen nach den jahrelangen Kämpfen keinerlei Spuren gefunden wurden und die deshalb auch kein bekanntes Grab haben. Dieser Toten wird seit der Eröffnung der Gedenkstätte im Jahr 1927 jeden Abend (mit Ausnahme der vierjährigen deutschen Besatzungszeit im 2. Weltkrieg) mit einer kurzen Zeremonie gedacht – insgesamt nun schon über 31.000 mal.

Die Zeremonie bestand aus einer kurzen Ansprache nebst Gebet, Kranzniederlegungen durch verschiedene britische Armeeeinheiten und Schülergruppen, und musikalischen Darbietungen von Trompetern und Dudelsackspielern. Ein sehr eindrucksvolles und bewegendes Schauspiel welches verdeutlicht, wie präsent die Ereignisse und Opfer des 1. Weltkriegs gerade im angelsächsischen Raum immer noch sind. Nach der Zeremonie ließen die Schülerinnen und Schüler den Abend mit Gesprächen und Spielen in der Unterkunft oder der näheren Umgebung ausklingen.

Am nächsten Morgen stand nach dem Frühstück zunächst der Tyne Cot Cemetery nur wenige Kilometer außerhalb von Ypern auf dem Programm. Dieser Soldatenfriedhof ist der weltweit größte des Commonwealth (Großbritannien und seine ehemaligen Kolonien) des 1. Weltkriegs und enthält neben 11.976 Grabstätten die Namen von weiteren 34.887 in den Kämpfen in der Umgebung vermissten Soldaten auf einer großen Gedenkwand. Ein bedrückender und zugleich würdevoller und friedvoller Ort.

Auf dem Weg zum nicht weit entfernten deutschen Soldatenfriedhof bei Langemark bestand die Möglichkeit, anhand der Topographie  das Kampfgeschehen ansatzweise nachzuvollziehen, welches überwiegend aus einem weitgehend sinnlosen Massenanstürmen über völlig verschlammte, kraterübersäte Äcker, die nun eher Mondlandschaften glichen, gegen gutgesicherte gegnerische Schützengräben bestand, aus denen die angreifenden Soldaten mit (Maschinen-)gewehrfeuer und Granatbeschuss belegt wurden. Gelang tatsächlich unter meist hohen Verlusten die Eroberung der gegnerischen Stellung, wurde diese oftmals beim nachfolgenden Gegenangriff wenige Stunden oder Tage später wieder verloren, so dass anschließend die Geländesituation weitgehend die gleiche war wie vor dem Angriff, nur eben um den Preis vieler Tausend toter und verwundeter Männer. Und so ging das jahrelang.

Der deutsche Friedhof in Langemark enthält die Gräber von 44.304 Gefallenen der 1. Flandernschlacht 1914. Mit dem Namen verbindet sich eine traurige Geschichte, die viele Jahre lang schon während des 1. Weltkriegs und erst recht während des 3. Reichs für Propagandazwecke rund um einen deutschen Heldenmythos missbraucht wurde. Zu Kriegsbeginn im Herbst 1914 wurden eben bei Langemark etliche Regimenter frisch aus der Schule oder der Universität rekrutierter Kriegsfreiwilliger kaum ausgebildet in einem sinnlosen Sturmangriff auf britische und französische Stellungen „verheizt“ und geopfert – angeblich mit dem Deutschlandlied auf den Lippen. Viele der Opfer sind auf diesem Friedhof bestattet.

Der letzte Stopp erfolgte beim sogenannten Totengang in Diksmuide, einem weitgehend originalgetreu erhaltenen belgischen Schützengraben am Ufer der Yser, wo sich deutsche und belgische Truppen vier Jahre lang unmittelbar gegenüberstanden und es immer wieder heftige Kämpfe gab. Dieses System aus Gängen, Unterständen und Bunkern vermittelt einen ungefähren Eindruck von den bedrückenden Lebensumständen und Kampfsituationen der beteiligten Soldaten. 

Nachdem die Teilnehmer auch diesen Programmpunkt ausgiebig erkundet hatten – wie schon am Vortag bei strahlendem Sonnenschein – ging es mit einem kurzen Verpflegungsstopp auf direktem Wege zurück nach Köln. Lehrerinnen und Lehrer waren sich mit den Schülerinnen und Schülern einig, dass dies eine sehr eindrucksvolle und interessante Exkursion gewesen war.

Michael Stephan, Jakob Steffan

Die Willkür des Krieges – dieser britische Soldat teilte das Geburtsjahr mit Theo ten Hövel, starb aber mit 20 kurz vor Kriegsende, während der Großvater von Herrn Stephan trotz seiner schweren Verwundung im Alter von 19 Jahren und der Teilnahme an zwei Weltkriegen letztendlich 85 Jahre alt wurde.

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